Neurobiologie des ADHS
Ich hatte schon in dem Kapitel Ursachen über die Entstehung der ADHS ausführlich berichtet.
ADHS ist eine erbliche Normvariante, die erst einmal keinen Krankheitswert hat, nur wenn es in Beruf und / oder im Privatleben durch die Symptome der ADHS zu Schwierigkeiten kommt, oder aber Begleiterkrankungen der ADHS auftreten.
Wichtig (dies steht genau so jetzt auch in den neuen Leitlinien, die 2018 veröffentlich wurden,) ist, dass bei einer deutlichen ADHS-Symptomatik eine medikamentöse Behandlung notwendig ist. Auch wenn es uns nicht ins Konzept passt, ADHS ist zu allererst eine neurobiologische Erkrankung! Die Sichtung aller bisher veröffentlichenden Studien haben gezeigt, dass Psychotherapie leider nicht den gleichen Effekt hat, wie eine medikamentös Behandlung mit Methylphenidat ( Ritalin) oder Amphetaminen ( Elvanse, Attentin) hat. Das bedauere ich auch, aber die Evidenz (Beweisbarkeit) ist hier leider deutlich. Psychotherapie alleine wird bei der Behandlung von ADHS überschätzt.
Diese Tatsache entlastet aber alle ADHS-Betroffene, denn sie sind nicht faule Socken und haben keine Lust zum lernen und sie sind auch nicht aus Trägheit chaotisch, sondern sie haben eine neurobiologische Priorisierungschwäche und Motivationsstörung.
Bei ADHS wird das Gehirnhormon Dopamin zu schnell abgebaut. Dopamin regelt Aufmerksamkeit, Motivation, Stimmungsstabilität und Konzentration. Durch den zu schnellen Abbau entsteht somit im Gehirn ein Dopaminmangelsyndrom und das kann man durchaus vergleichen mit einem Diabetes, bei dem die Bauchspeicheldrüse nicht genügend Insulin produziert. Ähnlich verhält sich das bei auch der Hashimoto-Tyreoditis, bei der die Schilddrüse nicht genügend Thyroxin ausschüttet. Diese Hormone müssen ersetzt werden und dann ist diese Störung deutlich gebessert. Das bedeutet natürlich für Betroffene, dass sie trotzdem lernen müssen, sich selbst besser zu organisieren und zu strukturieren usw., aber es geht deutlich besser, wenn der Dopaminspiegel ausgeglichen wurde. Leider kann man diesen im Gegensatz zu Thyroxin und Insulin im Blut nicht messen.
Es ist auch vergleichbar mit einer Fehlsichtigkeit. Wenn man schlecht sieht, dann ist das normale Leben ziemlich anstrengend, weil man so viel Kraft und Energie dafür aufwenden muss im Nebel der Fehlsichtigkeit zu versuchen trotzdem sich zu orientieren. Wenn man eine passende Brille bekommt, wird das Leben allein durch die Brille um so vieles leichter. Es ist nicht schlau bei einer Fehlsichtigkeit ohne Brille sich täglich anzustrengen und versuchen diese Fehlsichtigkeit mit Hilfe einer Sehschulung auszugleichen. Es wird niemals so gut funktionieren , wie eine Brille, die genau auf die Fehlsichtigkeit eingestellt wurde.
Es ist jetzt bei Thyroxin und Insulin so, dass wenn diese Substanzen ein Gesunder einnimmt, er davon krank werden kann. Er hat ja keinen Thyroxin – oder Insulinmangel. Genauso wie, wenn man einem Normalsichtigen eine korrigierte Brille geben würde, könnte dieser schlechter sehen, als ohne. Methylphenidat, wie auch Amphentamine müssten auf einem Betäubungsmittelrezept verordnet werden, weil Menschen ohne ADHS darauf eine andere Wirkung haben. Bei „ Normalos“ können bei Einnahme dieser Medikamente Euphorie und Antriebssteigerung auftreten und das kann zu einer Abhängigkeit führen. ADHS-Betroffene spüren eine völlig andere Wirkung. Hier wirkt sich die Dopmainerhöhung durch die Medikamente so aus, dass ADHS-Betroffene ruhiger, klarer, besonnener und besser reizabgeschirmt werden. Man kann das, was die Medikation bewirkt, auf einen einfachen Punkt bringen: „ sie macht einen klareren Kopf und ein dickeres Fell!“.
Das hilft ADHS-ler konzentrierter und gelassener zu sein, mehr bei der Sache zu bleiben, den Überblick zu bewahren und überlegter zu handeln. Viele beschreiben das so, als könnten sie endlich einmal einen klaren Gedanken fassen und diesen zu Ende denken. Eine Patientin beschrieb mir das eindrucksvoll:
„Ich hatte immer das Gefühl, als würden in meinem Kopf mehrere Radiosender gleichzeitig laufen und ich wusste nie, welchem ich zuhören sollte“. Mit der Medikation läuft nur noch ein Sender, dem ich zuhören kann und das ist so entspannend“.
Die Medikamente sind seit über 50 Jahren auf den Markt und ihre Nebenwirkungen sind gut bekannt. Bei ADHS-lern sind das erstaunlich wenige.
In den meisten Bundesländern darf die Medikation nur von einem Facharzt verordnet werden.
In dem nachfolgenden Film wird die Wirkungsweise von Methylphenidat erklärt.
Die Wirkungsweise von Amphetaminen ist etwas anders, nämlich durch diese Medikamente wird nicht der Rücktransport blockiert, sondern die Ausschüttung erhöht.
Methylphenidat ist für Erwachsene in der Form Medikinet adult und Ritalin adult zugelassen.
Amphetamin ist als Elvanse für Erwachsene verordnungsfähig
Infos auf der Seite adhs-muenchen.net
ADHS - eine besondere Art zu sein